Gute Umgangsformen kann jeder lernen

Für die rund 70 Schüler der ersten und zweiten Klassen der Maria-Montessori-Grundschule in Hausen stand in diesem Schuljahr ein ganz besonderes Lerngebiet auf dem Stundenplan. Die Schüler absolvierten einen Knigge-Kurs in dessen Rahmen unter anderem ein bebilderter Benimmführer entstanden ist.

Knigge-Kurse sind schon seit einigen Jahren fester Bestandteil im Unterricht an der Maria-Montessori-Grundschule Hausen. „Entstanden ist die Idee, solche Kurse anzubieten, weil das Mittagessen in der Schule sehr unruhig ablief“, erzählt Schulleiterin Angelika Müller-Zastrau. Das Essensangebot wird von einem großen Teil der Schüler in Anspruch genommen. Um den Ablauf des Mittagessens in ruhigere Bahnen zu lenken, sei die Idee entstanden, einen Knigge-Kurs durchzuführen. Der Kurs habe sich gleich beim ersten Mal bewährt. Grund genug für die Schulleiterin, nun jedes Jahr einen Knigge-Kurs durchzuführen. Zur Belohnung für die 70 Kursabsolventen aus den ersten und zweiten Klassen gab es in diesem Schuljahr ein Abschlussessen in der Kantine der Volksbank Stuttgart.

Durchgeführt werden die Kurse an der Grundschule in Hausen von „Knigge für Kids“. Die Benimm-Schule von Gudrun Weichselgartner-Nopper bietet spezielle Benimm-Kurse für Kinder, Jugendliche und Berufsstarter an.

Im Rahmen des Knigge-Kurses haben die Teilnehmer an drei Nachmittagen verschiedene Benimm-Regeln gelernt. Als erstes erfuhren die Grundschüler, wie man sich richtig begrüßt und verabschiedet, oder wie man sich anderen Menschen vorstellt. Auch das „Duzen“ und „Siezen“ war am ersten Nachmittag ein Thema. Kurz die Schüler lernten moderne und gute Umgangsformen kennen. Und dies jeweils mittels eines guten und eines schlechten Beispiels.

Durch den Knigge-Kurs komme auch immer wieder zutage, dass in anderen Kulturen andere Umgangsformen gelten. „Die Kinder lernen bei dem Kurs die Umgangsformen, die bei uns gelten, kennen und damit umzugehen“. Dazu gehöre zum Beispiel, dass beim Vorstellen im Privatleben immer der Ältere beziehungsweise die Frau zuerst vorgestellt wird. Im Arbeitsleben haben Vorgesetzte oder Kunden den Vorrang. Eine wichtige Benimmregel sei auch, dass man sich bei uns zur Begrüßung die Hand gibt und das dies für Männer wie Frauen gleichermaßen gilt.
Ein weiteres Thema im Knigge-Kurs war auch das korrekte Decken des Tisches. Geklärt wurden dabei Fragen wie – wo gehört eigentlich das Messer hin? oder wo steht das Glas? Das Messer liegt bekanntlich rechts und zwar mit der scharfen Seite der Klinge nach innen, die Gabel liegt links und der Löffel oberhalb des Tellers. Das Glas steht korrekterweise rechts oberhalb des Tellers.

Geklärt wird im Kurs auch die Frage, welches Besteckteil wofür benutzt wird und wie man sich verhält, wenn bei einem feinen Essen mit mehreren Messern und Gabeln eingedeckt ist. Bei letzterem etwa gilt die Regel, dass das Besteck von außen nach innen und von oben nach unten benutzt wird.

Am zweiten Nachmittag wurde das Thema Tischdecken wiederholt und auch so elementare Dinge wie die korrekte Nutzung der Serviette gelernt oder auch wie ein Weinglas richtig gehalten wird. Die Serviette wird während des Essens auf den Schoß gelegt und zwar einmal gefaltet und so, dass die Öffnung zum Körper hin schaut. Vor und nach jedem Schluck, den man trinkt, sollte mit der Serviette die Lippen abgetupft werden. Wer während des Essens aufsteht, faltet die Serviette nochmals und legt sie links neben den Teller.

Und wie ist es, wenn man mit dem Essen fertig ist? Wer satt ist, legt das Besteck schräg zum rechten Rand auf den Teller. Der Kellner im Lokal weiß dann, dass er den Teller abräumen kann. Liegt das Besteck hingegen gekreuzt auf dem Teller, signalisiert der Gast, dass er noch weiter Essen möchte. Das gilt zum Beispiel auch, wenn er den Tisch kurzzeitig verlässt.
Der dritte Kursnachmittag diente sozusagen der Nachsorge. Das heißt, alles Gelernte wurde noch einmal wiederholt ebenso wie beim Abschlussessen in der Kantine der Volksbank. Dort gab es zum Beispiel eine spezielle Servietten-Gruppe, die schon vorab aktiv wurde und die Servietten für alle 70 Kursteilnehmer gefaltet hat. Die Gruppe erhielt später Unterstützung von weiteren Schülern, um gemeinsam mit ihnen den Tisch zu decken.

Nachdem die Tische eingedeckt waren, kamen auch die übrigens Schüler und setzten sich – wie sie es gelernt hatten – fast geräuschlos an ihre Plätze. Entgegen den üblichen Gepflogenheiten in einer Kantine musste niemand sein Essen an der Theke abholen, sondern es wurde serviert. Auch das richtige Servieren war im Kurs ein Thema. Entsprechend agierten die „Servicekräfte“ und servierten Vorspeise, Hauptgang und Nachspeise immer von links. Ganz anders dagegen verhält es sich, wenn man dem Gast eine Getränk nachgießt. In dem Fall kommt der Kellner immer von rechts. Und noch eine weitere Regel war von den Schülern regelrecht verinnerlicht worden. „Keiner fängt an zu essen, bevor nicht alle einen Teller vor sich stehen haben“.

Der Vorstandsvorsitzende der Volksbank Stuttgart, Hans Rudolf Zeisl, zeigte sich begeistert vom tollen Benehmen der Schüler. Die Maria-Montessori-Grundschule sei ja seit einem starken Jahr Kulturschule und in einer Kulturschule müsse man sich auch benehmen können, so Zeisl. „Ihr hab das, wie ich sehe, sehr gut gelernt“, lobte der Vorstandsvorsitzende und wünschte den Kindern und ihren Begleitern einen guten Appetit.

Als Vorspeise hatte Kantinenchef Werner Wolf einen gemischten Salat vorbereitet, zum Hauptgang gab es bunte Nudeln mit Tomatensoße und als Nachspeise einen Obstsalat. „Im Kurs seien auch die Sitten, die in anderen Ländern gelten, thematisiert worden“, erklärt Weichselgartner-Nopper. Etwa die Sitte mit den Händen zu essen oder zu schmatzen, wenn es einem besonders gut schmeckt. „Das größte Lob für den Koch bei uns ist, wenn der Teller leer gegessen wird“, macht Weichselgartner-Nopper noch einmal deutlich. Und sie fügt an, dass Benimm-Kurse heute immer wichtiger werden, weil etwa das gemeinsame Essen mit der Familie – bei dem frühere Generationen Tischmanieren gelernt haben – heute teilweise schon Seltenheitswert habe.

In der Schule sei das Thema auch fächerübergreifend behandelt worden, berichtet Schulleiterin Müller-Zastrau. Unter anderem hätten die Schüler zu den verschiedenen Benimmregeln auch Bilder gemalt. „Mit diesen Bildern wollen wir einen etwa 40-seitigen Benimmführer gestalten“.

Für die Gestaltung zuständig ist die Grafikerin Tina Krehan, die schon verschiedene Kinderbücher gestaltet hat – unter anderem auch das Wilhelma-Wimmelbuch. „Die Kinder haben richtig tolle Bilder gemalt“, freut sich Krehan und zeigt den ersten Vorentwurf. Sehr eindrücklich ist zum Beispiel das Bild, in dem erklärt wird, wer beim Betreten eines Raumes zuerst grüßt. Das Lieblingsbild von Krehan ist aber das, mit dem erklärt wird, dass man nicht in der Nase popelt.

Das Buch werde mit einem Vorwort der neuen Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann und von Hans Rudolf Zeisl versehen, erklärt Müller-Zastrau. „Das Buch soll ein leicht verständlicher Ratgeber von Kindern für Kinder sein“. Finanziert werde das Werk aus Mitteln der Kulturschule und die Volksbank unterstütze das Projekt ebenfalls mit einem großzügigen Beitrag. Die Volksbank unterstütze immer wieder soziale Projekte in der Region, erklärt Pressesprecher Matthias H. Layher. „Die Volksbank hat großzügigerweise auch die Kosten für das Essen übernommen“, ergänzt die Schulleiterin. Die Kosten für die Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln hat die Schule selbst übernommen. Für die Fahrt von Weilimdorf in die Innenstadt waren das rund 300 Euro für Gruppen-Tagestickets, die am Automaten gezogen werden mussten. Vergünstigte Gruppentickets für solche Aktivitäten gebe es in Stuttgart nicht, bedauert die Schulleiterin.

In und um Weilimdorf, Text / Fotos: Tommasi; 20.05.2016

Siehe auch Artikel in der Stuttgarter Zeitung (Nord-Rundschau):  http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.knigge-kurs-fuer-schueler-der-montessori-schule-hausen-der-loeffel-ist-ein-falscher-freund.beb2c09d-3988-434b-8cdd-e3ff8b09fed8.html

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