Gewisse Parallelen mit der Zauberschule Hogwarts sorgten am Donnerstag, dem 25.11.2021, für strahlende Augen bei den Kindern der vier AU-Klassen der Maria-Montessori-Grund
-schule in Hausen. Zwar befanden sich die Schüler nicht im Speisessaal der Schule und sie bekamen auch keine Briefe, dennoch hatten sie Besuch von zwei leibhaftigen Eulen, welche ja in der bekannten Buchreihe von Joanne K. Rowling für die Postverteilung zuständig sind.
Die beiden Eulenvögel stammten auch nicht vom magischen Postministerium, sondern sind zwei von 17 Tieren der Greifvogelanlage „Am Spatzenwald“ in Wüstenrot. Die Eigentümer des Zoos, das Ehepaar Jürgen und Constanze Wiesinger, hatten sich mit ihren beiden gefiederten Freunden frühmorgens auf den Weg nach Stuttgart gemacht um den Schülern eine „lebendige Biostunde“ bieten zu können. Initiiert hatte die, im Rahmen des Sachkunde-
unterrichts stattfindende, Veranstaltung Frau Hakius, die Klassenlehrerin der AU 3.
Weltweit gibt es über 200 verschiedene Eulenarten, zwei davon hatte das Ehepaar Wiesinger auf ihren Lederhandschuhen sitzen, als die erste Klasse die Halle betrat.
Auf der Hand von Falkner Jürgen Wiesinger thronte Emma, eine elfjährige sibirische Uhu-Dame. Das imposante Greifvogel-Weibchen wiegt runde vier Kilogramm und besitzt bei einer Größe von rund 75 Zentimeter eine Flügelspannweite von über 1,70 Meter. Dies stellte Emma auch sogleich eindrucksvoll unter Beweis, indem sie ihre Flügel zur Begrüßung weit spreizte. Herr Wiesinger, der den Greifvogelzoo mit seiner Frau seit 2008 betreibt, schilderte den Kindern dann die Besonderheiten des sibirischen Uhus, der weltweit größten Eulenart. Er kann seine Beutetiere auf zwei verschiedene Arten erlegen, er ist ein Biss- und Grifftöter. Grifftöter deshalb, weil er seine spitzen Fänge, von denen jeder eine Kraft von 200 Kilogramm aufbringt, in den Körper der Beute schlägt und diese damit tödlich verletzt. Dank dieser enormen Kraft ist es dem Uhu möglich Tiere bis zur Größe eines Fuchses zu erbeuten. Auf Grund seiner Größe und Kraft besitzt der Uhu auch keine natürlichen Feinde im Tierreich, lediglich der Mensch kann ihm gefährlich werden.
Allen Eulenarten gemein ist, dass sie, im Gegensatz zu anderen Greifvögeln, völlig lautlos jagen können. Dies wird ihnen durch die Konstruktion ihrer Flugfedern ermöglicht, die einen Kamm an der Kante haben. Das Falkner-Ehepaar hatte, um diese Eigenart zu demonstrieren, zwei verschiedene Flugfedern mitgebracht. Während man das „Rauschen“, das die Feder eines Adlers beim durch die Luft ziehen erzeugte, deutlich hören konnte, blieb dieselbe Handbewegung mit einer Feder von Uhu Emma völlig geräuschlos. Eulen benötigen ihren lautlosen Flügelschlag allerdings nicht nur um sich der Beute unbemerkt zu nähern. Da die Vögel extrem weitsichtig sind, orten sie ihr Opfer im Nahbereich mit ihrem Gehör. Dies ist so empfindlich, dass sie den Herzschlag einer Maus unter einer Schneeschicht von einem Meter hören können.
Nachdem Jürgen Wiesinger Uhu-Dame Emma, die im Alter von 14 Tagen in den Zoo kam und bis zu 40 Jahre alt werden kann, ausführlich vorgestellt hatte war nun seine Frau Constanze mit ihrem Schützling an der Reihe.
Auf dem ledernen Schutzhandschuh von Constance Wiesinger saß Mimi, eine afrikanische Weißgesichtseule. Die 13-jährige Eulendame stellt optisch das krasse Gegenteil zu Uhu Emma dar. Mit etwa 19-23 Zentimeter Länge erreicht sie nur etwa ein Drittel der Körpergröße von Emma, der Gewichtsunterschied ist noch gravierender. Mimi wiegt, im Gegensatz zu dem mehreren Kilogramm schweren Uhu-Weibchen, lediglich etwa 250 Gramm. Daher unterscheidet sich auch das Beutespektrum der beiden Eulenarten. Mimi ist wie alle Büscheleulen, wie die Weißgesichtseulen auch genannt werden, ein reiner Bisstöter. Auch wenn diese Eulenart nur Tiere bis zur Größe eines Kleinnagers erlegt, hat sie doch einen sehr reichhaltigen Speiseplan. So gehören neben Mäusen, kleinen Vögeln und Insekten auch Spinnen und Skorpione zu ihrer bevorzugten Nahrung.
Constanze Wiesinger, die wie ihr Ehemann die rund einjährige Ausbildung zur Falknerin absolviert hat, ging dann auf das Thema Nahrung noch besonders ein.
Da Eulen, im Gegensatz zu Greifvögeln wie Bussard oder Habicht, keinen Kropf besitzen können sie nur kleine Mengen auf einmal fressen, allerdings ist es ihnen möglich kleinere Beutetiere unzerteilt zu verschlingen. Da Eulen auch „auf Vorrat jagen“ tragen sie dazu bei, die Verbreitung von Schädlingen wie Mäusen und Ratten einzudämmen. Eine einzige einheimische Waldohreule kann im Jahr bis zu 4800 Mäuse jagen und töten.
Mit diesen eindrucksvollen Informationen war die eigentliche „lebende Biologiestunde“, die die Wiesingers seit 2008 jährlich etwa 30-mal an Schulen abhalten, zu Ende.
Selbstverständlich hatten die Kinder der AU-Klassen aber noch einige Fragen, die von dem Falkner-Ehepaar ausführlich beantwortet wurden.
Der Schlusspunkt der außergewöhnlichen Unterrichtsstunde war dann zugleich auch der Höhepunkt: die beiden Eulen-Damen verlangten nach ihren wohlverdienten Streicheleinheiten. Nachdem die Kinder sich ihre Hände desinfiziert hatten und Jürgen Wiesinger das richtige Vorgehen erklärt hatte, durfte jeder, der sich traute, Emma und Mimi vorsichtig über Brust oder Flügel streicheln.
Wer Emma und Mimi auch einmal live erleben möchte kann dies nach dem Ende der Winterpause, voraussichtlich ab Karfreitag, in der Greifvogelanlage in Wüstenrot tun.
Alle weiteren Informationen, auch für Schulen die eine „lebende Biostunde“ abhalten möchten, findet man im Internet unter http://www.greifvogelanlage-wuestenrot.de.

Text und Fotos: Andreas Rometsch

Und hier zum Artikel in ‚In und um Weilimorf‘ vom 10.12.2021: Seite 1 , Seite 2, Seite 3

 

 

 

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